Mehr Raum für den Radverkehr

Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen Niedersachsen e.V.
Hannover, den 29. März 2019

Die Teilnehmer des ersten landesweiten AGFK-Polittalk am 28. März 2019 in Hannover 
(v.l.n.r.) MdL Stefan Klein (SPD), MdL Detlev Schulz-Hendel (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Ineke Spapé (Radprofessorin der Breda University), MdL Karsten Heineking (CDU), Frank Otte (AGFK-Vorsitzender), MdL Jörg Bode (FDP) und Moderatorin Britta Fecke (Deutschlandfunk) 

(Foto: Nico Herzog/AGFK)

„Wir brauchen bessere Luft, weniger Lärm und mehr Raum für die Menschen in den Städten“. Diesem Statement von Frank Otto, Stadtbaurat von Osnabrück und Vorsitzender der AGFK widersprach am Donnerstagabend keiner der anwesenden Landespolitiker beim ersten landesweiten AGFK-Polittalk in Hannover. Unter dem Motto „Auf Augenhöhe mit dem SUV – mehr Raum für Radverkehr“ diskutierten die verkehrspolitischen Sprecher der Parteien Stefan Klein (SPD), Karsten Heineking CDU, Detlev Schulz-Hendel (Bündnis 90/Die Grünen), und Jörg Bode (FDP) den aktuellen Stand der Radverkehrsförderung in Niedersachen (die AFD hatte abgesagt) und die nächsten Schritte, um mehr Menschen für das Radfahren zu gewinnen. Dabei zeigte sich: Es fehlt eine landesweite Strategie, um den Radverkehr zu fördern.

Aber ohne eine Strategie und Respekt gegenüber allen Verkehrsteilnehmern geht es nicht. Das machte Ineke Spapé, renommierte Radprofessorin der Breda University in ihrem Impulsvortrag deutlich. Geld und das Bauen von Radwegen sei wichtig, reiche aber nicht aus. Die Städte müssten umdenken und Daten aus dem Radverkehr sammeln. Nur wer wisse, wie und wann Menschen ihre Strecken im Stadtverkehr mit dem Rad zurücklegen, könne Missstände beseitigen und den Menschen das Radfahren schmackhaft, leicht und sicher machen.

In ihrer Heimat fängt man damit bereits bei den Schülern an. Wenn sie morgens gemeinsam an der Ampel stehen, radeln sie im Tross selbst dann noch über die Kreuzung, wenn die Ampel längst rot zeigt. Statt die Schüler zu bestrafen, haben die Niederländer Sensoren an den Ampeln installiert, die je nach Größe der Gruppe die Grünphase verlängern. Wartet eine große Gruppen vor der Ampel, schaltet sie schneller auf Grün. „Das funktioniert“, sagt Ineke Spapé. Das Verkehrschaos bleibe aus und die Autofahrer bleiben ruhig.

Damit das klappt, sei Kommunikation wichtig. „Jeder Radfahrer ist gut für den Autoverkehr, weil er die Anzahl der Autos auf den Straßen reduziert“, sagt die Professorin. Darüber muss man sprechen, immer wieder und außerdem Radfahren belohnen. In Groningen geht das so: Dort hat die Stadtverwaltung 1973 das Zentrum quasi in vier Kuchenstücke geteilt. Radfahrer können auf direktem Weg von einem Quartier ins nächste fahren. Autofahrer nicht. Sie müssen für kurze Distanzen weite Umwege in Kauf nehmen. „Honig für Radfahrer, Essig für Autofahrer“, beschreibt sie das Konzept. Das kommt gut an. In Groningen liegt der Radanteil bei 61 Prozent.

Davon kann Niedersachsen nur träumen. Landesweit liegt der Anteil bei 15 Prozent. 2002 waren es 13 Prozent. Wir haben in den letzten Jahren viel gemacht, aber um Augenhöhe mit den Autofahrern zu erreichen, reicht das nicht“, gibt Stefan Klein zu. Jörg Bode sieht vor allem Bedarf beim Ausbau der Radinfrastruktur, die sicherer werden muss. In Osnabrück ist man schon einen Schritt weiter. Dort bauen die Planer drei Meter breite Radwege, um zukunftsfähig zu sein. Wir brauchen eine Radinfrastruktur, auf der Lastenräder überholt werden können und auch Mikromobilität wie E-Kick-Scooter Platz finden, beschreibt Otte den Ansatz.

Während es in Osnabrück auf kommunaler Ebene voran geht, vermisst Detlev Schulz-Hendel auf Landesebene den Gestaltungswillen der Politik. „Es fließt viel Geld in den Straßenbau und die Planung von Autobahnen“, sagt er. Aber es fehle der Mut, dem Autoverkehr Platz für den Radverkehr wegzunehmen, damit Radfahrer gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer werden. Karsten Heineking, CDU, appellierte an die Zuständigkeit der Kommunen. „Machen sie selber“, rief er ins Publikum. „Wir können den Prozess begleiten.“

Hier offenbarte sich jedoch ein grundsätzliches Problem: Das Land Niedersachsen hat laut Heineking zurzeit keine Strategie, wie die Verkehre zukünftig organisiert werden können. „Da müssen wir dran arbeiten“, sagt er. Das sei wichtig. Anders gesagt: Es fehlt ein Plan, wie die Kommunen den Radverkehr steigern können und den Autoverkehr reduzieren, um die Klimaziele einzuhalten.

Das ist fatal, denn den Kommunen hilft ein Leitfaden aus dem Landtag, um lebenswertere Städte zu schaffen, in denen Menschen gerne wohnen und unterwegs sind. Das sei das eigentliche Ziel, wie Ineke Spapé an diesem Abend immer wieder betont. Radverkehr helfe nur, dieses Ziel auch zu erreichen.

Das macht die AGFK
Die Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen Niedersachsen/Bremen ist ein Netzwerk von Städten, Gemeinden und Landkreisen in Niedersachsen und Bremen, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Radverkehr besonders zu fördern.

Die Mitgliedschaft in der AGFK bietet den Kommunen zahlreiche Vorteile: Als Netzwerk bündelt die AGFK die Interessen der Kommunen und verleiht ihnen stärkeres politisches Gewicht. Zudem bietet die AGFK eine Plattform für den Erfahrungsaustausch, unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit und berät die Kommunen rund um das Thema Radverkehr.

Das AGFK-Netzwerk umfasst aktuell über 50 Mitgliedskommunen. Bereits 71 Prozent der Bevölkerung leben in einer AGFK-Mitgliedskommune. http://www.agfk-niedersachsen.de

Text-/Bildrechte: AGFK e.V.

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